Kurzgeschichte des Katholischen Akademikerverbands Ruhr (KAR)

Die Mitglieder des Katholische Akademikerverbands sehen sich gemäß der katholischen Glaubenslehre verpflichtet, das christliche Zeugnis in Familie, Kirche und Gesellschaft zu leben, das Wissen um Lebens- und Glaubensfragen zu mehren, das kulturelle Erbe weiterzugeben, der Gerechtigkeit, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen. (Peter Burs)

Okt. 1909
Gründung der „Vereinigung akademisch gebildeter Katholiken“

1913
Gründung des Katholischen Akademikerverbands (KAV)

1918
Essener Vereinigung wird „Ortsvereinigung Essen“ im KAV mit ca. 380 Mitgliedern

1928
Römische Anerkennung des Wirkens des KAV durch Kardinal Gasparri im Namen Pius‘ XI.

Ab 1933
Beginn der Unterdrückung religiöser Einrichtungen durch die NSDAP. Erzwungener Rücktritt des langjährigen Vorsitzenden Dr. Georg Brand.

Nov. 1938
Letzte öffentliche Veranstaltung in der Münsterkirche

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Jan. 1939
Hausdurchsuchung bei den Vorstandsmitgliedern durch die Gestapo, Beschlagnahmung der vorhandenen Unterlagen, Bekanntmachung der Auflösung der Gemeinschaft wegen „staatsgefährlicher Umtriebe“.

28.7.1945
Wiederbegründung der Gemeinschaft durch 20 frühere Mitglieder.

1945–1970
Vorsitzender: Rechtsanwalt und Notar Dr. Paul Zahnen

1947
Neugründung des KAV; mit Essener Gemeinschaft als OV

1950
Auf Initiative des OV Wiederaufbau der erstmals 1492 urkundlich erwähnten Siechenhauskapelle in Essen-Rüttenscheid. Gründung von Arbeitskreisen für Psychologie, Philosophie, Theologie („Assindia sacra“), Medizin („Cosmas und Damian“) als Vorläufer des Ärztetags

1958
Gründung des Bistums Essen mit Bischof Franz Hengsbach als erstem Bischof

1959
Feier des 50jährigen Bestehens der OV Essen

1968
Deutscher Katholikentag in Essen mit Schlussansprache des OV-Mitglieds Prof. Dr. Max P. Engelmeier

1973–1991
Vorsitzender: Bankdirektor Dr. Alfred Henschel
Rege Vereinstätigkeit: wissenschaftliche Vorträge zu Jahresthemen, Gottesdienste, Einkehrtage, Bildungsfahrten u.a. Initiativen zur Gründung des Juristentags und des Ingenieurtags

1989
Feier des 80jährigen Bestehens mit Prof. Dr. Otto Roegele (Vortrag: „Zeitgeist und Kirche“)
OV Essen mit über 500 Mitgliedern der größte OV im KAV

1991–1992
Vorsitzender: Richard Friedrich Arens

1992–1999
Vorsitzender: Oberstudiendirektor i.R. Dr. Heinz-Edgar Fischersworring

Seit 1992
Mitarbeit in der Bürgerfunk-Werkstatt des Stadtfunks Essen e.V. und Produktionen für den Lokalsender „Radio Essen“ (UKW 102,2)
Jahresthemen u.a.: „Europa aus christlicher Verantwortung“(1994), „Ruhrbistum und das Ruhrgebiet im Wandel“ (1996)

1995
Festakademie zur Erinnerung an die Wiederbegründung der OV Essen vor 50 Jahren mit Prof. Dr. Richard Schaeffler „Der ‚mündige Christ‘ – Recht und Grenzen eines Anspruchs“

1996
Umbenennung der OV Essen in „Ortsvereinigung Essen und Umgebung“ entsprechend den Wohnorten der Mitglieder (weiterhin selbständig: OV Mülheim und Gladbeck) Umbenennung des KAV in „Katholischer Akademikerverband Deutschlands“ (KAVD)

9.12.1998
Bestätigung der OV-Satzung vom 14.1.1996 durch den KAVD

1999
Auf Initiative des langjährigen Vorstandsmitglieds Studiendirektor Dr. Norbert Küpper Schaffung einer Altfrid-Kantate (Text: N. Küpper, Musik: Prof. Heinz-Albert Heindrichs) im Hinblick auf das Stadtjubiläum 2002 gewidmet dem Essener Domkapitel

1999-2007
Vorsitzender: Rechtsanwalt und Notar Dr. Egon Peus, Bochum; OStD Dr.H.-E. Fischersworring Ehrenvorsitzender
Jahresthemen u.a.: Standort 2000 und Ausblick (2000), 1150 Jahre Stift und Stadt Essen (2002), Religion und Kirche in (post-)säkularer Gesellschaft (2003)

Jan. 2000
Gedenken an das 90jährige Bestehen der OV im Rahmen eines Pontifikalamtes mit Bischof Hubert Luthe und der anschließenden Jahreshauptversammlung

Herbst 2000
Generalversammlung des KAVD in Mainz mit Beschlussfassung über den Abschluss der Neustrukturierung

2007 Publikation: Jessica Lammerse, Der Katholische Akademikerverband als Teil des Katholischen Milieus in Deutschland. Historische Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der Ortsvereinigung Essen von ihren Anfängen bis in die 1970er Jahre. Lit: Berlin 2007; 172 S. (eine vom OV angeregte, bei Prof. Dr. Wilhelm Damberg, Bochum, gefertigte Diplomarbeit)

2007–2011
Vorsitzender: Rechtsanwalt H. Michael Stangier

14.11.2010
Feier des 100jährigen Bestehens der OV im Rahmen des Albertus Magnus-Tags mit Erzbischof Josef Paul Kardinal Cordes, Präsident des Päpstlichen Rates „Cor Unum“ (1995-2010), im Essener Dom und einer Festakademie in der Philharmonie Essen.

2011–2014
Vorsitzende: Gabriele Baeza-Rodriguez, M.A.

2.6.2014
GV in Mainz mit dem Beschluss, den Gesamtverband des KAVD zum Ende des Jahres aufzulösen

11.9.2014
Jahresversammlung der OV Essen und Umgebung mit dem Beschluss, die OV in einen e.V. mit der Bezeichnung KatholischerAkademikerverband Ruhr“ (KAR) zu überführen, und Verabschiedung einer neuen Satzung

21.11.2014
Tag der Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht Essen unter Nr. 5563

Seid stets bereit, einem jeden Rede und Antwort zu geben,
der euch nach dem Grund eurer Hoffnung fragt.

1 Petrus 3,15

ZUR VERANTWORTUNG DER INTELLEKTUELLEN IN KIRCHE UND GESELLSCHAFT

Die vielen üblichen Bischofsworte sind zu sehr und zu oft einseitig orientiert an moralischen Dingen, an Sozialproblemen. Es erregt schon Aufsehen, wenn einer einmal etwas zu „Öko“ sagt. Doch fast alles ist fast immer banal. Da wird nicht viel mehr in Endlos-Wiederholungen geäußert als das, was andere Institutionen und Personen zigmal zum Besten gegeben haben, was man längst bis zum Überdruss aus vielen Mündern gehört hat. Originalität? Fehlanzeige, selbst bei vielen Bischofsberatern! In den eigentlichen, spannenden geistigen Debatten hört man wenig in dem und zu dem, was Schriftsteller, Theaterleute, Bildende Künstler, Musiker, Physiker, Biologen, Mediziner, Hirnforscher, Gentechniker und andere in Bewegung versetzt und was diese in Bewegung versetzen, Eliten, die an der Zukunft der Welt arbeiten und mit bahnbrechenden neuen Erkenntnissen über Welt und Mensch die Welt- und Menschensicht und darüber die Gottessicht progressiv nachhaltig verändern. Aus Kirchenleitungsmund vernimmt man dazu – wenn, dann – überwiegend wieder nur apologetische Moral. Kennen Lehre und Lehramt wirklich keinen evolutiven Fortschritt, im Glauben selbst? Bloße Rückwärtsgewandtheit wäre verhängnisvoll fürs gesamte Christentum. (Johannes Röser, in Christ in der Gegenwart vom 20. April 2014)

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  1. Die katholische Kirche hat 1958 durch die Gründung des Ruhrbistums Essen für die Metropollandschaft Ruhr ein Signal gesetzt; es bedeutet im Hinblick auf die Erfordernisse unserer Zeit und unserer Landschaft: MITSPRACHE – MITWIRKUNG – MITGESTALTUNG.
  2. Der Strukturwandel des Ruhrgebiets aus einer neuzeitlichen Industrielandschaft zu einem Ballungsraum, in dem Bildung, Kultur und Gesundheit, aber auch eine weltanschauliche Meinungsvielfalt eine wachsende Rolle spielen, ist für die traditionellen Kulturträger, zu denen die  katholische Kirche gehört, eine Herausforderung: Nicht nur Zollverein und Bürohochhäuser, sondern auch die Essener Dom-Insel mit der Goldenen Madonna, die Abteien Werden und Hamborn und andere, auch neuere religiöse Orte erinnern an den geistigen Wurzelgrund unserer Landschaft.
  3. Das Ruhrgebiet braucht die Sammlung einer aktiven katholischen Akademikerschaft, Männer und Frauen, die es sich zur Aufgabe machen, weniger binnenkirchliche Fragen zu diskutieren, als im Sinne der kirchlichen Glaubens- und Soziallehre in der Öffentlichkeit meinungsbildend mitzuwirken; sie müssen zukunfts-, berufs- und jugendorientiert sein im Sinne des Papstwortes: „Die Bildung der Laien und die Evangelisierung der beruflichen und intellektuellen Klassen stellen eine bedeutende pastorale Herausforderung dar.“ (Papst Franziskus, Evangelii gaudium, Nr. 102)
  4. Dringend erforderlich ist die Vernetzung der intellektuell Wachen, Individuen wie Gruppen in der Kirche, und eine verstärkte Kommunikation zwischen ihnen – mit dem Ziel, auch kurzfristig zu aktuellen und konkreten lokalen und regionalen Problemen Stellung beziehen und sich in der Öffentlichkeit mit ihren vielfältigen Medien eigenständig zu Wort melden zu können; angesichts des Rückgangs klerikaler Berufe müssen christliche Laien, zumal solche, die aufgrund ihrer Bildung und Ausbildung argumentations- und dialogfähig sind, kraft ihrer Taufvollmacht eigenständig und eigenverantwortlich tätig werden.
  5. Anders als im caritativ-diakonischen Bereich fehlt es im Hochschulbereich des Ruhrgebiets weithin sowohl an wissenschaftlicher wie an pastoraler Präsenz der Kirche, entsprechend an Orten wie an Ansprechpartnern.
  6. Durch die Aufgabe der Priesterausbildung ist die Existenz der theologischen Fakultät in Bochum in ihrem Status bedroht; damit würde die Gründungsvision, für das Ruhrgebiet eine klassische deutsche Universität unter Beteiligung der theologischen Fakultäten zu schaffen, aufgegeben.
  7. Im Gegensatz zu den Universitäten der Nachbardiözesen Köln und Münster gibt es an den Hochschulen der Ruhrschiene keine ausgeprägte Hochschulseelsorge, was nicht zuletzt im Hinblick auf die große Zahl ausländischer Studenten zu bedauern ist.
  8. Der akademische Kulturauftrag des Christentums verbindet die beiden großen Kirchen unseres Landes; daher sind im Hinblick auf eine wachsende Präsenz des religiösen Pluralismus in unserer Landschaft (neben islamischen Gemeinden und Verbänden auch buddhistische u.a. Initiativen) mögliche Kooperationen und Synergien zwischen der katholischen und evangelischen Akademikerschaft dringend zu prüfen und Voraussetzungen für eine intensivere Zusammenarbeit zu schaffen.
  9. Zu den ersten Schritten einer akademischen Neuaufstellung im katholischen Raum gehört eine vertiefte Vernetzung aller im akademischen Bereich tätigen Gruppierungen sowie eine gemeinsame Ausrichtung auf die gesellschaftlichen Erfordernisse unserer Zeit und des Ruhrgebiets; unser Welteinsatz darf nicht zunächst global, sondern muss lokal sein – das dann freilich zum Wohl des Ganzen der Welt und der Völkergemeinschaft.
  10. Auch wenn Zugehörigkeit bzw. Nicht-Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft letztendlich Sache der persönlichen Entscheidung eines jeden Einzelnen ist, sind Religionen aufgrund ihrer Botschaften niemals reine Privatsache; darum verpflichten sie nicht nur den Staat zum Respekt, sondern vor allem ihre Anhänger zum öffentlichen Bekenntnis und Einsatz im Sinne der religiösen Botschaft.